Erdölpreise und die Co2-Debatte haben dazu geführt, dass sich mit dem Wort „Mobilität“ vor allem Negatives assoziiert. Nicht zuletzt, weil die meisten Fahrten heute zum Arbeitsplatz führen, trat die Konnotation mit dem Begriff der Freiheit sehr in den Hintergrund. Und doch lässt sich dieses Gefühl wieder wachrufen, wenn man sich in die eigene Kindheit zurückdenkt. Wo dich ein 12-Zoll-Puky-Rädchen mit Fahne hinten dran „born to be wild“ in der Steppenmeerschweinchen-Version hat singen lassen. Schlagartig vergrößerte sich die Welt, vervielfachten sich die Möglichkeiten. Für mich bedeutete das Fahrrad, 12 km (eine Strecke) radeln zu können, um ein Matchbox-Auto zu kaufen. Wenig später bedeutete es, nicht mehr länger mit den hässlichen Mädchen aus dem Dorf Vorlieb nehmen zu müssen und stattdessen Kleinstadtmädchen, 1A-Ware, begucken zu können. Damals hätten wir 15-jährigen Burschen alles getan, um ein Mofa besitzen zu dürfen. (Und da schloss „alles“ Dinge ein, die wir Dorfjungen noch gar nicht kannten).
Diese hohe Bedeutung der Mobilität ruft sich mir in Erinnerung, als ich meiner kleinen Filzlaus bei seinen Krabbelversuchen zusehe. Energisch, ja bisweilen zornig setzt er alles daran, sich fortzubewegen. Man spürt, wie satt er die Willkür der Eltern hat, die ihn in der Vergangenheit nur hin und wieder von A nach B verschoben, damit er nicht zustaubte.
Der Weg in die Freiheit ist nur mit einer kleinen Einschränkung behaftet. Die Vorderläufe des kleinen Kriechtiers sind viel kräftiger als die Hinterläufe, was darauf zurückzuführen sein dürfte, dass erstere seit Monaten mit dem Heben des Kopfes befasst sind, der in dieser Phase circa 90-95% des Gesamtgewichtes ausmacht (die Zahl schwankt in Abhängigkeit zur Windelbefüllung). Jedenfalls führt das dazu, dass der Kleine nur rückwärts krabbeln kann. Dies aber erstaunlich zielsicher. In direkter Nähe seiner Wunschspielzeuge z.B. parkt er passgenau rückwärts ein. Schon jetzt hat der Kleine also seiner Mutter etwas voraus, höhö. Gleichzeitig hat er eine Kreisbewegung entwickelt, um sich exakt rückwärts auszurichten. Und vermutlich endet seine Entwicklung auch an diesem Punkt, denn mit dieser Rückwärts-Krabbel, 360-Grad-Kreisel-Kombination kann er jedes Ziel erreichen. Es fehlt die Notwendigkeit zu weiteren Entwicklungen. Ich male mir aus, wie er als junger Mann den Assessment-Center bei Daimler-Benz betritt, indem er sich im 360-Grad-Kreisel aufs Ziel ausrichtet und dann mit Siegerlächeln rückwärts auf den Personalmanager zukrabbelt. Hmm, vielleicht muss da doch noch was kommen.
Kindskopp
der Baby-Blog, garantiert heititei-frei
Windeln 1
Bei
den Heinzelmännchen gibt es eine spezielle Abteilung. Dorthin werden
nur die Heinzelmännchen abgeordnet, die richtig Mist gebaut haben.
Diese Abteilung hat als einzige keine Gewerkschaft, keinen bezahlten
Urlaub und nur hier dürfen während der Arbeit keine Lieder gesungen
werden. Ihre einzige Aufgabe ist es, über Nacht eimerweise Aa in
kleine Kinder zu schaufeln, dass diese dann in den nächsten 24
Stunden unter großen Mühen wieder zu Tage fördern müssen. Jene
zumeist minderbemittelten Heinzelmännchen legen dabei nicht das
geringste Gefühl für Proportionen und Verhältnismäßigkeit an den
Tag, so dass auch in diesen Zeiten der alles umfassenden
Ressourcenknappheit mit dem Zeug unendlich geaast wird. Als einzige
Gegenwehr bleiben die sündhaft teuren Produkte der Windelindustrie,
doch ihre Wirkung ist etwa so dauerhaft wie die Arbeit des
Schiffsmechanikers in das Boot, als die maximale Wassertiefe
unterschritten wurde und überall die Stahlnieten rausplatzen. Darum muss mit großem Bedauern konstatiert
werden, dass „für 3-6 Kilo“ leider nicht die Füllmenge meint.
Ähnlichkeit
Sollte
es nicht bereits bei Ultraschalluntersuchungen geschehen sein, ist
spätestens zwei Minuten nach Verlassen des Geburtskanals eine Ähnlichkeit zwischen dem
Neugeborenen und seinen Eltern, möglichst auch Großeltern
herzustellen!
Etwas wie „Guck mal, es hat Papas tiefgründiges Lächeln, wäre wünschenswert. „Es hat Papas Mundpartie geht auch noch. „Gottlob, es hat eine Mundpartie, das erleichtert sicher die Nahrungsaufnahme", reicht hingegen keinesfalls. In den Tagen danach wird die gesamte Verwandtschaft in diesen Quiz „von wem hat er was" mit einsteigen und zu so unerschütterlichen wie unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Was erstaunlich ist, schließlich gibt uns die biologische Lehre ja nur zwei Antwortmöglichkeiten vor, das Raten ist also halb so schwer wie bei Günther Jauch. Aber dass mit Geburt eines Kindes die geistigen Herausforderungen zurückgehen, ist ja bekannt.
Etwas wie „Guck mal, es hat Papas tiefgründiges Lächeln, wäre wünschenswert. „Es hat Papas Mundpartie geht auch noch. „Gottlob, es hat eine Mundpartie, das erleichtert sicher die Nahrungsaufnahme", reicht hingegen keinesfalls. In den Tagen danach wird die gesamte Verwandtschaft in diesen Quiz „von wem hat er was" mit einsteigen und zu so unerschütterlichen wie unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Was erstaunlich ist, schließlich gibt uns die biologische Lehre ja nur zwei Antwortmöglichkeiten vor, das Raten ist also halb so schwer wie bei Günther Jauch. Aber dass mit Geburt eines Kindes die geistigen Herausforderungen zurückgehen, ist ja bekannt.
Meine
beschränkte Vorstellungskraft lässt mich in dieser Disziplin
versagen und ich blicke ergebnislos auf das kleine, leicht
derangierte Bündel herab. Es scheint mir optisch doch viel zu sehr
von seinem zehrenden Kampf durch die komplizierte weibliche Anatomie
geprägt zu sein und weniger von der pflichtbewussten Umsetzung
seiner DNA. Wem er den nun ähnlich sieht, Vater oder Mutter. Meine
eigentlich folgerichtige Entgegnung, „man müsste Vater und Mutter
z.B. einige Stunden durch so ein Tannenbaumnetzgerät pressen und
dann die Gesichter mit dem hier vergleichen, wird einfach ignoriert,
wie in Zukunft noch so vieles.
Muttermilch
Eine
der mächtigsten und mystischsten Substanzen des Universums. Nachdem
in unserer Generation die Labor- bzw- Industrieanlagen ähnliche
Kindssäugung präferiert wurde, hat die Medizin heute die originale,
nicht homogenisierte oder pasteurisierte, laktosereiche
Vollfett-Muttermilch wieder weitgehend in den Stand des Wirkstoffs
erhoben. Und wenn das die Schulmedizin erkannt hat, muss es schon
sehr augenfällig sein. Muttermilch kann alles: Nahrung und
Nährstoffe geben, Imunschutz garantieren, jedes Hautleiden kurieren
und Lahme gehend machen, zumindest Krabbelnde irgendwann. Selbst wenn
vom vielen Melken und Milchdurchschießen die Brust verletzt ist, rät
die allwissende Hebamme: Muttermilch drauf.
Ich
hörte, dass man dieses edle Elixier auch kaufen kann, in speziellen
Laboren. Achtzig Euro pro Liter sollen da über die Milchbar gehen.
Gut, dass dieser Umstand weitgehend unbekannt ist. Wie oft wird
kinderreichen Hartz-IV-Familien vorgeworfen, eine Schwangerschaft
einzig zum Gewinne von Kindergeld zu initiieren. Man stelle sich vor,
wenn diese vorgeblich geldgeilen Muttermilch-Produzentinnen von 80
Euro pro Liter erfahren? Eine Überproduktion wäre die Folge und
damit dramatischer Preissturz. Ich habe noch die Bilder vor Augen von
zornigen Milchbauern aus dem Allgäu, die ihre schlechtbezahlten
Überschüsse zu einem anklagenden See aufschütten. Ich möchte kein
ähnliches Bild von protestierenden Muttermilchproduzentinnen
ergänzen müssen. Von aufgebrachten Horden von Legginsträgerinnen,
die ihre zum Bersten gefüllten Büsten in einen Milchsee auswringen.
Also lasse man sich nicht von ihrer Anzahl täuschen, die eine
wirtschaftliche Expansion nahezulegen scheinen. Die zwei Brüste
einer Frau sind für ein Kind konzipiert. Ihr eigenes.
Präambel, postnatal
Ja,
ich liebe meinen Sohn und die wunderschöne Mutter, die ihn unter
großem Hallo in die Welt gewuppt hat. Von ganzem Herzen. Und ja ja,
ich empfehle allen Menschen: mehret euch wie die Sau, bis die ganze
Welt ein Mumbay aus krakelenden Freudenspendern sei, weil es nichts
Schöneres gibt et ceterea pp.
Aber
jetzt geht’s doch auch mal ohne, dass die Murmel vor Okzitozin
überschäumt, oder wie dieses körpereigene Opiat heißt. Es braucht
kühle, journalistische Distanz zu der Materie. Kinder sind einfach
ein weit verbreitetes Phänomen unseres Alltags, vergleichbar mit
Festgeldkonten, Federkernmatratzen und Fußpilz. Da kann ich doch
wohl genauso unsachlich und unreif darüber schreiben wie über alles
andere auch! Auf diese Weise soll mein frisch erzeugter Sohn, hauptverantwortlich
dafür, dass meine honorige Tätigkeit als Literat
stagniert, ungewollt Buße tun, indem ich die mit
ihm gewonnen Erkenntnisse aufschreibe. Möge sein 18.
Geburtstag ein Alptraum werden, wenn Vattern - von einigen „Fernet
Brancen“ - oder was wir in diesem Alter trinken mögen - berauscht,
mit diesen Unterlagen wedelt, um Sohnemanns Mitschülerinnen zu
imponieren.
Abonnieren
Posts (Atom)