Windeln 1

Bei den Heinzelmännchen gibt es eine spezielle Abteilung. Dorthin werden nur die Heinzelmännchen abgeordnet, die richtig Mist gebaut haben. Diese Abteilung hat als einzige keine Gewerkschaft, keinen bezahlten Urlaub und nur hier dürfen während der Arbeit keine Lieder gesungen werden. Ihre einzige Aufgabe ist es, über Nacht eimerweise Aa in kleine Kinder zu schaufeln, dass diese dann in den nächsten 24 Stunden unter großen Mühen wieder zu Tage fördern müssen. Jene zumeist minderbemittelten Heinzelmännchen legen dabei nicht das geringste Gefühl für Proportionen und Verhältnismäßigkeit an den Tag, so dass auch in diesen Zeiten der alles umfassenden Ressourcenknappheit mit dem Zeug unendlich geaast wird. Als einzige Gegenwehr bleiben die sündhaft teuren Produkte der Windelindustrie, doch ihre Wirkung ist etwa so dauerhaft wie die Arbeit des Schiffsmechanikers in das Boot, als die maximale Wassertiefe unterschritten wurde und überall die Stahlnieten rausplatzen. Darum muss mit großem Bedauern konstatiert werden, dass „für 3-6 Kilo“ leider nicht die Füllmenge meint.

Ähnlichkeit

Sollte es nicht bereits bei Ultraschalluntersuchungen geschehen sein, ist spätestens zwei Minuten nach Verlassen des Geburtskanals eine Ähnlichkeit zwischen dem Neugeborenen und seinen Eltern, möglichst auch Großeltern herzustellen!

Etwas wie „Guck mal, es hat Papas tiefgründiges Lächeln, wäre wünschenswert. „Es hat Papas Mundpartie geht auch noch. „Gottlob, es hat eine Mundpartie, das erleichtert sicher die Nahrungsaufnahme", reicht hingegen keinesfalls. In den Tagen danach wird die gesamte Verwandtschaft in diesen Quiz „von wem hat er was" mit einsteigen und zu so unerschütterlichen wie unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Was erstaunlich ist, schließlich gibt uns die biologische Lehre ja nur zwei Antwortmöglichkeiten vor, das Raten ist also halb so schwer wie bei Günther Jauch. Aber dass mit Geburt eines Kindes die geistigen Herausforderungen zurückgehen, ist ja bekannt. 
Meine beschränkte Vorstellungskraft lässt mich in dieser Disziplin versagen und ich blicke ergebnislos auf das kleine, leicht derangierte Bündel herab. Es scheint mir optisch doch viel zu sehr von seinem zehrenden Kampf durch die komplizierte weibliche Anatomie geprägt zu sein und weniger von der pflichtbewussten Umsetzung seiner DNA. Wem er den nun ähnlich sieht, Vater oder Mutter. Meine eigentlich folgerichtige Entgegnung, „man müsste Vater und Mutter z.B. einige Stunden durch so ein Tannenbaumnetzgerät pressen und dann die Gesichter mit dem hier vergleichen, wird einfach ignoriert, wie in Zukunft noch so vieles.

Muttermilch

Eine der mächtigsten und mystischsten Substanzen des Universums. Nachdem in unserer Generation die Labor- bzw- Industrieanlagen ähnliche Kindssäugung präferiert wurde, hat die Medizin heute die originale, nicht homogenisierte oder pasteurisierte, laktosereiche Vollfett-Muttermilch wieder weitgehend in den Stand des Wirkstoffs erhoben. Und wenn das die Schulmedizin erkannt hat, muss es schon sehr augenfällig sein. Muttermilch kann alles: Nahrung und Nährstoffe geben, Imunschutz garantieren, jedes Hautleiden kurieren und Lahme gehend machen, zumindest Krabbelnde irgendwann. Selbst wenn vom vielen Melken und Milchdurchschießen die Brust verletzt ist, rät die allwissende Hebamme: Muttermilch drauf.

Ich hörte, dass man dieses edle Elixier auch kaufen kann, in speziellen Laboren. Achtzig Euro pro Liter sollen da über die Milchbar gehen. Gut, dass dieser Umstand weitgehend unbekannt ist. Wie oft wird kinderreichen Hartz-IV-Familien vorgeworfen, eine Schwangerschaft einzig zum Gewinne von Kindergeld zu initiieren. Man stelle sich vor, wenn diese vorgeblich geldgeilen Muttermilch-Produzentinnen von 80 Euro pro Liter erfahren? Eine Überproduktion wäre die Folge und damit dramatischer Preissturz. Ich habe noch die Bilder vor Augen von zornigen Milchbauern aus dem Allgäu, die ihre schlechtbezahlten Überschüsse zu einem anklagenden See aufschütten. Ich möchte kein ähnliches Bild von protestierenden Muttermilchproduzentinnen ergänzen müssen. Von aufgebrachten Horden von Legginsträgerinnen, die ihre zum Bersten gefüllten Büsten in einen Milchsee auswringen. Also lasse man sich nicht von ihrer Anzahl täuschen, die eine wirtschaftliche Expansion nahezulegen scheinen. Die zwei Brüste einer Frau sind für ein Kind konzipiert. Ihr eigenes.

Präambel, postnatal

Ja, ich liebe meinen Sohn und die wunderschöne Mutter, die ihn unter großem Hallo in die Welt gewuppt hat. Von ganzem Herzen. Und ja ja, ich empfehle allen Menschen: mehret euch wie die Sau, bis die ganze Welt ein Mumbay aus krakelenden Freudenspendern sei, weil es nichts Schöneres gibt et ceterea pp.

Aber jetzt geht’s doch auch mal ohne, dass die Murmel vor Okzitozin überschäumt, oder wie dieses körpereigene Opiat heißt. Es braucht kühle, journalistische Distanz zu der Materie. Kinder sind einfach ein weit verbreitetes Phänomen unseres Alltags, vergleichbar mit Festgeldkonten, Federkernmatratzen und Fußpilz. Da kann ich doch wohl genauso unsachlich und unreif darüber schreiben wie über alles andere auch! Auf diese Weise soll mein frisch erzeugter Sohn, hauptverantwortlich dafür, dass meine honorige Tätigkeit als Literat stagniert, ungewollt Buße tun, indem ich die mit ihm gewonnen Erkenntnisse aufschreibe. Möge sein 18. Geburtstag ein Alptraum werden, wenn Vattern - von einigen „Fernet Brancen“ - oder was wir in diesem Alter trinken mögen - berauscht, mit diesen Unterlagen wedelt, um Sohnemanns Mitschülerinnen zu imponieren.